Auf Wunsch des ewig blauen Himmels

Hier brettere ich mich mit maximaler Fitness um die Bergkurve

Oberbayern – Zugspitz Region

»Auf Wunsch des ewig blauen Himmels« … so sagte vor vielen hundert Jahren schon Dschingis Khan, der Begründer der Mongolei. Für meine lang gewünschte Trekkingtour durch das Altaigebirge war ich also mal wieder top vorbereitet, zwar nicht unbedingt physisch, dafür aber literarisch, denn wie immer hatte ich mich erfolgreich mit jeglicher Lektüre über die mongolische Geschichte, über Märchen und Naturverbundenheit, vor den mir selbst eigentlich aufgetragenen Ausdauersporteinheiten, drücken können. Ich war bereit!
 

…doch dann, dann kam diese Pandemie. Zuerst wurden Grenzen geschlossen, einige wieder geöffnet, manch einer flutschte schnell über irgendeine Landesgrenze und ward nie wieder gesehen – und während ich noch so überlegte, wie viel Sinn denn so eine Reise zur Zeit mache, wurde mein Flug von Moskau nach Ulaanbaatar per automatisierter Ansage auf meine Mailbox storniert; übersetzte mir jedenfalls eine russischsprechende Kollegin.

Urlaub in Russland!? Ich lehnte dankend ab und willigte auch der Stornierung des Flugs von Berlin nach Moskau ein. Adé du Traum vom Altaigebirge, weiteste Weite so weit das Auge reicht, Adé du allerschönste Berglandschaft, Adé du Vorfreude auf gesellige Abende in gemütlichen Jurten, Adé Texte lernen und Stimme ölen. Ja, denn da die Mongolen als sehr gesangsfreudig gelten, hatte ich mich bereits musikalisch auf die ein oder andere Glanzminute vorbereitet und Volkslieder wie »Im Frühtau zu Berge« und »Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad« einstudiert. Mein Auftritt wird warten müssen. Auf Wunsch des ewig blauen Himmels.

 

OBERBAYERN

VOM CHÜITENGIPFEL AUF DIE ZUGSPITZE

Nach einer Trauerwoche entschied ich mich spontan für: Trost-Urlaub in Deutschland. Gähn. Ich war noch nie in der Zugspitz Region, stellte ich nach einigen Recherchen fest. »Uiii, da gibt es ja den höchsten Berg Deutschlands!« jubelte ich dann plötzlich doch recht euphorisch. Schnell war mein Interesse geweckt und so tauschte ich drei Wochen Chüiten-Gipfel und Altaigebirge gegen eine Woche Zugspitze und Wettersteingebirge ein, die mongolische Jurte gegen eine süße, bayerische Ferienwohnung und Khuushuur mit Airag gegen Knödelsuppe mit Bier. Könnte schlechter sein.
 
Im September fuhr ich dann los, Richtung Grainau in Bayern. Grainau ist eine idyllische Gemeinde im Landkreis
Garmisch-Partenkirchen. Dort bezog ich, ganz kontaktlos, meine kleine Ferienwohnung mit fantastischem Blick auf den Waxenstein. Der Ort erwies sich übrigens auch als idealer Ausgangspunkt für unzählige Tageswanderungen.
Gleich am ersten Abend konnte ich von meinem Balkon aus diese fantastische Light-Show genießen:
Blick von meinem Balkon auf den Waxenstein

Abendspaziergang in Grainau

WANDERGENUSS IN DER ZUGSPITZ REGION

Meine drei tollsten Touren:
 

2. Durch’s Höllental und zurück (Höhe circa 1387 m)
3. Zugspitze für Jedermann (Höhe 2.962 m)

WARMWANDERN AUF DEM KRAMERSPITZ

Meine Warmlauftage starten meist mit dem Vorhaben, erst mal eine gemütliche Runde um Block oder Berg zu drehen und enden dann mit der völligen Eskalation am Gipfelkreuz. Ähnlich auch im Wettersteingebirge. Genau genommen unternehme ich am ersten Tag einen Abstecher in die Ammergauer Alpen, die sind sozusagen direkt gegenüber.
 
Um die müden Knochen nach dem langen Lockdown in Schwung zu bekommen, laufe ich morgens einfach spontan ohne genauen Plan los »mal die Gegend erkunden«. Ein bisschen gerade aus, links an der Weide entlang und an der kleinen Kapelle wieder rechts, »ach hier sieht’s doch nett aus«… und schwupps befinde ich mich auf dem Weg zum Kramerspitz. Läppische 1200 Meter hoch und wieder runter. Direkt bereue ich, die Gesangsstunden den Ausdauersporteinheiten vorgezogen zu haben, aber dafür trällere ich japsend, aber textsicher von meiner Oma auf ihrem Motorrad…
Fast am Ziel, schon Kaiserschmarrn und Knödelsuppe in der Nase, wollte ich dann auch nicht mehr umkehren. So laufe ich durch einen schattigen Bergwald, entlang beeindruckender Kalkschluchten, über schmale Pfade hinauf zur ersten Rast inmitten einer schönen Almlandschaft umgeben von Wettersteingebirge, der Zugspitze und den Ammergauer Alpen.
 
Diese Tour mochte ich besonders, da sie landschaftlich sehr abwechslungsreich und fern von Touristenströmen ist. Auf der ganzen Tour sind mir nur zwei andere Wanderer begegnet. Okay, und etwa acht haben mich überholt… von denen mir einer bereits nach 1,5 Stunden wieder wohlgesättigt und zufrieden lächelnd entgegenschlenderte. Wie zur Hölle machen die das immer nur? Auf der Alm und somit auf 1592hm angekommen, begrüßen mich unzählige Schlappohrschafe und ein fast ohrenbetäubendes Glockenkonzert. Hier geht garantiert niemand verloren. Ich setze mich dazu und lausche den Schafen und Kühen während ich meine wohlverdiente Knödelsuppe schlürfe.
YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Glockenkonzert

Gelbe-Gwänd-Steig

Wie langsam du auch läufst, du schlägst alle die zuhause bleiben.
Unbekannt

Zum Kramerspitz sind es dann noch etwa 1,5 Stunden, die Aussicht von dort oben ist grandios, man hat einen schönen Blick rüber zur Alp- und zur Zugspitze. Ich mache direkt eine weitere ausführliche Pause um das Panorama zu genießen… da es aber leider schon später Nachmittag ist, habe ich nicht mehr viel Zeit für den »Abstieg« , der dann auch gefühlt nicht enden will.
 
Ach ja, zurück bin ich übrigens über den Stepberg-Alpen-Steig gegangen, der ist weniger anstrengend als der Gelbe-Gwänd-Steig über den ich hochgekommen bin. Beide Wege sind sehenswert, ich bin dann aber tatsächlich sehr froh, als ich pünktlich zum Sonnenuntergang meine kleine Wohnung in Grainau erreiche und endlich alle Viere von mir strecken kann. Warmgelaufen bin ich nach dem heutigen Tage auf jeden Fall. Eine Wanderung, die ich unbedingt empfehlen kann!
Stepberg-Alpen-Steig

Muuuh!

DURCHS HÖLLENTAL UND ZURÜCK

Eine weitere, sehr sehenswerte Tour geht von Hammersbach durch die Höllentalklamm, durch das Höllental bis zur Höllentalangerhütte und noch ein Stück weiter. Aber Achtung, man sollte wissen, wann es Zeit ist umzukehren, möchte man nicht plötzlich auf der Zugspitze stehen. Nein, ernsthaft, der Aufstieg durch das Höllental auf die Zugspitze erfordert beste Kondition und Bergerfahrung und ist nur mit Kletterausrüstung zu empfehlen. Die hab ich heute aber nicht dabei. ;-)
 
Wenn man nicht den gleichen Weg durch die Klamm zurückgehen möchte, kommt man gut von der Höllentalangerhütte über verschiedene Möglichkeiten zum Osterfelder Kopf. Wer dann noch Zeit und Lust hat, läuft weiter hinunter ins Tal oder lässt sich in eine der Seilbahnen plumpsen. So tat ich. Bei dieser Tour lohnt es sich übrigens wirklich sehr, direkt bei Sonnenaufgang loszugehen, dann hat man die Klamm und das darauffolgende Höllental (fast) für sich alleine.
Auf dem Weg durchs Höllental durchsteift man wild-schöne Berglandschaften
Ach ja...

AUF DER ZUGSPITZE WAR ICH JA AUCH NOCH

Ich tu mich immer bisschen schwer auf Berge zu laufen, die mit technischen Anlagen, Betonbauten und Touristen in Sommersandalen nur so vollgestopft sind. Reizt mich meist eher wenig, da der Zauber des Entdeckens und in die Natur eintauchen zu können, in meinen Augen etwas verloren geht. Zugleich kann ich aber absolut verstehen, dass manch einer froh ist, dass die Seilbahn einen sicher und unanstrengend fast bis auf den Gipfel bringt und die einzige Aufregung allenfalls das »Andocken« der Gondel im Bergbahnhof ist. Also formulier ich es mal besser so: es ist kein schlechteres Wandern, sondern einfach ein anderes. Wie so oft, ist auch bei einer Begehung der Zugspitze, der Weg das Ziel, denn die Bergwelt um die Zugspitze herum ist absolut fantastisch!

Oben angekommen, ganz gleich wie (zum Beispiel per Zwei-Tages-Tour durchs Reintal und über die Knorrhütte), versetzt einen der unglaublich tolle Weitblick über die Alpen dann aber doch ins Staunen. Seeeeeeehr, sehr weit kann man bei gutem Wetter gucken, 250 Kilometer weit, so sagt meine Live-Recherche mit 1A-Internet-Empfang vorm Gipfelkreuz. Freie Sicht auf mehr als 400 Gipfel hat man hier! Fotoknipserei frei!

Gipfelkreuz
Da stehen Menschen aufm Berg… brauchen die Hilfe? o.o
Ich hab ziemlich viel Zeit im »Erlebnispark Zugspitze« verbracht, bei gutem Wetter, bekommt man hier locker einen ganzen Tag rum, es gibt so viel zu sehen, es gibt viel Trubel, aber auch Plätze mit Ruhe, und wer dann immer noch Zeit hat, kann ja noch eine Runde um den idyllischen Eibsee drehen. Der ist auch ganz hübsch.
Erholung am Eibsee

HOW TO SURVIVE

ZUGSPITZ – REGION

Zufällig gab es mal keine besonderen Vorkommnisse auf meinen Wanderungen in der Zugspitz Region. Ich war also tatsächlich nur zum wandern, nicht zum abenteuern in Bayern. Wie erholsam so ein Urlaub sein kann, stellte ich dabei fest. Sonst enden Urlaube bei mir ja meist im kritischen Post-Erschöpfungs-Zustand von dem ich mich mit drei Tage Tiefschlaf und Lebensmittel-Lieferservice erholen muss. Bayern ist easy alleine zu bereisen. Wer Bergweh hat oder einfach nur mal Energie tanken möchte, zudem Urlaub im schönen Deutschland machen möchte, ist hier genau richtig. Da es eine Vielzahl von gut ausgeschilderten, sehr abwechslungsreichen Wanderwegen jeden Schwierigkeitsgrads gibt, wird es auch nicht langweilig und man findet viele, tolle Touren fernab des Massentourismus. Für mich ein gelungenes »Trostwandern«.
»Im Frühtau zu Berge wir zieh’n, fallera… Es grüünen die Wälder und Höhn, fallera… Wir wandern ohne Sooorgen, Singend in den Mooorgen, Noch ehe im Tale die Hähne kräh’n…« .
Impressionen Osterfelderkopf

2 Kommentare

Wolfgang 6. März 2022 - 19:14

Ein ganz toller, sehr unterhaltsamer Bericht einschließlich der schönen Bilder.👍👏

Antworten
Rebeccpack 6. März 2022 - 19:52

Danke dir! :)

Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht! Erforderliche Felder sind mit * markiert.

MEHR ABENTEUER