Planet Lappland – zu Besuch im Riisitunturi Nationalpark

Finnisch Lappland

Ich war in einer anderen Welt. Planet Lappland genannt. Wahrscheinlich bin ich im Flugzeug kurz eingenickt, denn plötzlich war ich dort,  in dieser vereisten, mir bis dahin unbekannten Galaxie. Auf Planet Lappland herrschen Temperaturen zwischen -5 und -25 Grad. Frost, Wind, Nebel, Eis und Schnee bestimmen das Bild. Die Sonne zeigt sich so gut wie nie, doch wenn sie es kurz über den Horizont schafft, taucht sie die weiße Schneelandschaft in zarte Pastellfarben, rosa, lila, und zuckerwattenblau. Malerisch und irgendwie surreal diese Stimmung, dieser Himmel, diese Welt auf Planet Lappland.

In diesem Artikel nehme ich dich mit auf eine der beeindruckendsten Wanderungen, die ich in Finnisch-Lappland gemacht habe – durch eine der schönsten Landschaften, die ich je gesehen habe: den Riisitunturi-Nationalpark. Eine Tour dort ist perfekt für alle, die spektakuläre und außergewöhnliche Natur lieben.

Trailsteckbrief

Riisitunturi-Nationalpark – Finnland

  • Der Nationalpark ist gut von Kuusamo aus zu erreichen, vorausgesetzt man hat ein Auto. Öffentliche Verkehrsmittel zum Nationalpark gibt es nämlich nicht. Die Fahrt ab Kuusamo dauert circa eine Stunde.
  • Übernachten kann man in Hütten oder Unterkünften in der Nähe des Parks, wie zum Beispiel in Posio, welches näher als Kuusamo ist. Bei einer längeren Tour kann man auch in den offenen Wildnishütten des Parks übernachten. Auch zelten ist möglich, aber nur in der Nähe der Hütten erlaubt.
  • In den Wildnishütten ist Feuer machen an den dafür vorgesehen Feuerstellen erlaubt. Dort kann man gemütlich sitzen, sich wärmen und sogar grillen (also Grillgut mitnehmen!). Holz ist in/neben den Hütten vorhanden. Allerdings sollte man verbranntes Holz wieder auffüllen und für die Nächsten vorbereiten.
  • Es gibt verschiedene Rundwanderwege, von denen die meisten als Tagestouren angelegt sind
  • Permits/Genehmigungen sind nicht erforderlich
  • Eine gute Winterausrüstung mit Schneeschuhen oder Spikes ist unerlässlich, da der Schnee tief und die Wege oft vereist sein können. Wer keine Schneeschuhe besitzt, kann sie in Kuusamo bei einem der zahlreichen Outdoor-Verleihe ausleihen.
  • Mit etwas Glück sieht man Schneehühner, Elche und/oder Rentiere

Eine andere Welt im Herzen Lapplands

01.01.2023 Frohes Neues! :)

Normalerweise gibt es bei mir zu Silvester erst mal ein ordentliches Blei… äh Wachsgießen – schließlich will man ja wissen, was das neue Jahr so für einen bereithält. In Finnland habe ich mir diesen Brauch in etwas größeren Dimension gegönnt. Warte ab! Aber nicht nur deshalb habe ich mir diese Wanderung für den ersten Tag des neuen Jahres ausgesucht – sondern auch, weil das Wetter heute super ist. Angenehme -10 Grad, klare Sicht und Sonnenschein. Nun ja… genau genommen ist Sonnenaufgang ab 10:37 Uhr, Sonnenuntergang ab 14:37 Uhr. Irgendwo dazwischen soll sich die Sonne heute über den Horizont mühen, sagt meine App.

Mit seinen verschneiten Wäldern, glitzernden Ebenen und der beeindruckenden Weite der lappländischen Seenlandschaft bietet der Riisitunturi-Nationalpark atemberaubende Ausblicke und ist ein wahres Paradies für Outdoor-Enthusiasten. Besonders im Winter verwandeln sich die schneebedeckten Bäume in bizarr geformte Skulpturen, die wie Märchengestalten wirken und eine mystische Atmosphäre schaffen. Klingt spannend! Nichts wie hin da!

Die beliebteste Route ist der Riisin Rääpäsy, ein 4,3 Kilometer langer Rundweg, der auch im Winter leicht zu bewältigen ist. Für etwas geübtere Wanderer bietet sich aber auch der Riisin-Rietas an, eine etwa 11 Kilometer lange Strecke durch die verschneite Wildnis. Natürlich entscheide ich mich für die zweite Variante. ;-) Jedenfalls in seiner groben Idee. 11 Kilometer hören sich nicht viel an, haben es jedoch in sich. Aber der Reihe nach:

Ankunft im Riisitunturi-Nationalpark

Kälte, Stille und eine bizarre Schönheit

Am Rande des Nationalparks laden wir* unsere Ausrüstung und 80 Klamotten aus dem Minibus, schnallen uns dann die Moonboots… äh Schneeschuhe an und schlurfen im Gänsemarsch dem Winterwonderland entgegen. Schneeschuhe sind hier das A und O, damit man nicht allzuuu tief im Schnee versinkt.  Bestenfalls. Wenn man das Glück hat, dass nach Neuschnee schon jemand vor einem auf dem Trail war, ist der Schnee meist schon schön plattgedrückt und das Laufen geht wesentlich einfacher. Wenn nicht, hat man viel Arbeit vor sich. Bei dem herrlichen Wetter heute waren schon einige Wanderer vor uns auf dem Trail, aber Piritta liebt es zum Glück, die üblichen (Touristen-)Wege zu verlassen. Das hat seinen Preis. Der Schnee ist zum Teil oberschenkeltief und der Vorläufer (also meistens Piritta) rackert sich ab, um sich einen Weg zu bahnen und damit auch eine Spur für die Nachfolgenden zu legen. Das dauert und ist ziemlich anstrengend (Spoiler: Am Ende des Tages fühle ich mich wie nach einer 30-Kilometer-Tour). Dafür bekommt man aber auch tolle Aussichten, unberührten Schnee, alles für sich, Weitblicke, und diese Stille… wow. Ich vergesse glatt das Frieren angesichts so viel Schönheit.

*Ich habe diese Wanderung in Form einer Tagestour gemacht, mit einer tollen, einheimischen Guide-in namens Piritta und anderen Wanderbegeisterten. Angesichts meiner damaligen Unkenntnis von Schneetouren und „ausnahmsweise mal keine Lust, etwas zu organisieren“ fand ich das ganz passend. Grundsätzlich glaube ich aber, dass diese Tour mit etwas Navigationskenntnissen und der richtigen Ausrüstung durchaus auch alleine machbar ist – im Winter, im Schnee, kann der Nationalpark schwer navigierbar sein, Karte, Kompass, aber mindestens GPS sind essentiell!

Willkommen auf Planet Lappland

Märchenwelt aus Schnee und Eis

Von schneebedeckten Trollen und Gnomen und Alpakas

Ganze fünf Stunden stapfen wir durch die bizarre Landschaft Planet Lapplands in der sich ein faszinierendes Spiel von Licht und Schatten in der kalten, weißen Weite entfaltet. Wir steigen immer höher und es dauert nicht lange, bis wir auf fremde Zivilisation treffen: Unzählige kleine und große weißverschneite Trolle und Gnome stehen am Wegesrand – sie schlafen oder beäugen mich fast regungslos. An den Riesen schleiche ich mich vorbei – bloß nicht aufwecken. Die kleinen, drolligen, möchte ich am liebsten alle umarmen und knuddeln – sie würden aber augenblicklich zu Schneestaub zerfallen. Also gehe ich weiter entlang der Spur, die jemand vor mir gelegt hat ;-) und die sich den Berg hinaufschlängelt… Oben auf dem vereisten, glitzernden Plateau treffe ich auf spielende Affen, knutschende Nasenbären, watschelnde Pinguine, diskutierende Gaukler, grübelnde Schachspieler, erhabene Könige, zufrieden schmunzelnde Walrosse, ein paar Dinosaurier, Elfen, Gnome, Kobolde… ein wildes Alpaka, ein riesiges Mammut. Puh, ich komm aus dem Gucken und Staunen gar nicht mehr raus. Das ist besser als jedes Bleigießen! Was für eine Jahresanalyse! Mich erwartet Großes im kommenden Jahr. Ich bin zufrieden.

Oder erkennt ihr in den schneebedeckten Bäumen etwa nicht neugieriges Riesenalpaka, Affe auf Thron mit Schmuck und Teddybär, sich streitende Schachfiguren und knutschende Gnome, im Schnee flanierendes Ehepaar… und E.T. steht doch da auch irgendwo rum?!

Zuckerwatte und Einhörner

Magisches Farbenspiel und stille Momente

Gerade als die Sonne es endlich über den Horizont geschafft hat, macht sie auch schon wieder kehrt und verwandelt den Nationalpark Riisitunturi in eine zuckersüß-kitschige Szenerie. Ein zartes Rosa und Lila legt sich über die schneebedeckten Hügel und die bizarren Formen der gefrorenen Bäume sehen nun aus wie Zuckerwatte, Prinzessinnen und Einhörner. Manche Szenerie erinnert mich auch an die Poster der 90er Jahre mit ihren rosaroten Himmeln und fantastischen Welten.


Doch das Farbenspiel währt nicht lange. Schon bald übernimmt die Dunkelheit das Zepter und hüllt den Nationalpark Riisitunturi in eine stille, geheimnisvolle, noch mal ganz andere Atmosphäre, die im Mondlicht glitzert. Für mich ist es immer wieder etwas ganz Besonderes, einfach mal –nichts– zu hören. Nur die Natur und die Stille. Als Großstädterin habe ich das nicht so oft. Piritta macht auch immer wieder „Momente der Stille“… Jeder verschwindet dann an einen ausgewählten Ort, z.B. ein Einhorn seiner Wahl,  und genießt für ein paar Minuten die absolute Stille für sich. Kurzerholung sozusagen.

Ich bekomm schon Zahnschmerzen. ;-)

Abschied von Planet Lappland

Rückweg aus der Winterwelt

Gegen 15.30 Uhr ist die Sonne längst untergegangen, und es ist Zeit für den Rückweg. Der Schnee unter unseren Füßen glitzert im silbernen Licht des Mondes, während wir steil bergab durch die kalte, klare, nun azurblaue Nacht gehen. Der Mond scheint so hell, dass wir keine Taschenlampe brauchen. Es sind jetzt etwa -15 Grad, aber es fühlt sich gar nicht so kalt an – was vermutlich an der Euphorie der heutigen Erlebnisse liegt. Wir bahnen uns unseren Weg zurück in die Realität, volle Kraft voraus, zurück zu Planet Erde – aber mit Erinnerungen, die mich für immer begleiten werden. Was für ein Ausflug!

Abendstimmung in Finnisch-Lappland

Was du dringend einpacken solltest

Top 5 Gear für eine Wanderung im Riisitunturi-Nationalpark

  • Isolierendes Sitzkissen für Pausen am Lagerfeuer
  • Grillgut, Teller, Besteck, alkoholfreier Glühwein :-)
  • Stirnlampe und Ersatzbatterien für den Rückweg (wenn nicht gerade Vollmond ist, wird es früh dunkel im Park)
  • Schneeschuhe wenn du abseits der präparierter Wege unterwegs sein möchtest oder bei tiefem, weichem Schnee, um nicht einzusinken und leichter voranzukommen
  • Spikes. Ob sie nötig sind, hängt von der Schneesituation ab. Auf vereisten Passagen sorgen sie für mehr Sicherheit. Ich würde sie einfach mitnehmen, sie wiegen nicht viel.

Hast du jetzt auch Lust auf eine Wanderung in Lappland bekommen? Was siehst du in den verschneiten Bäumen?
Lass es mich in den Kommentaren wissen – ich bin gespannt! :-)

Blick über weite Schneelandschaft in Finnisch Lappland

Tipps für deine eigene Winterwanderung

Tipps zum Warmbleiben im Winter findest du in meinem Artikel 12 Tipps für das Wandern bei eisigen Minusgraden

➤ Auf der offiziellen Website der finnischen Nationalparks gibt es noch mehr Tipps zu Wanderungen im Riisitunturi-Nationalpark
Hier der direkte Link zur Map der Winterwanderungen

 

Anderes Land… andere Kälte

In Nepal war es auch echt kalt, davon erzähle ich in meinem Blogbeitrag „Im Rausch der Gipfel“

Bye! :-)

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