Der West Highland Way, Tipps vom Profi

Schottland

Nachdem ich meine Blogbeiträge über den West Highland Way ins www gesendet hatte, kamen noch einige Fragen von wanderwilligen Leser:innen. Wie, was und warum. Zum Thema »warum« , könnte ich generell vermutlich ein ganzes Buch schreiben, aber zum Thema wie und wo, kann ich natürlich schon jetzt einiges beantworten. Hier also News aus der Lesereihe »TIPPS VOM PROFI« . ;-)

Wandern auf dem West Highland Way

Etappen, Snacks und Hostels

Anreise

Der nächstgelegene Flughafen ist Glasgow International Airport. Ein regelmäßiger Shuttleservice fährt in die Innenstadt. Wegen später Ankunft habe ich dort dann die erste Nacht verbracht.

Am nächsten Tag bin ich mit dem Zug von der Queen Street bis nach Milngavie gefahren.

Hinweis: Queen Street ist nicht Mainstation. Von dort kann man auch nach Milngavie fahren, allerdings mit Umstieg.
Sonntags fahren die Züge nur von der Mainstation, nicht von Queen Street.

Der Zug ab Queen Street fährt alle 20-30 Minuten. Das Ticket habe ich ganz unkompliziert für umgerechnet 5 Euro am Automaten gekauft, dann das Gleis gesucht (der Zug fährt von einer unteren Etage ab) und schon saß ich auf der 23 minütigen Fahrt Richtung Milngavie. Man kann also nicht viel falsch machen.

In Milngavie angekommen, führt ein kleiner Fußmarsch zum Ortskern. Dort startet der West Highland Way.

Start in Milngavie

Die beste Jahreszeit

Sicherlich hat jede Jahreszeit in Schottland ihren ganz  besonderen Reiz.
Ich war Anfang/Mitte Oktober dort unterwegs und war total entzückt von den schönen Herbstfarben, die sich dort im Laufe der zwei Wochen entfalteten. Wunderschönes Orange, Ocker, Pink und Lila, der Wandergott hatte so richtig in den Farbkasten gegriffen.

Außerdem liebe ich dramatische Wetterspiele, tiefhängende Wolken, durch die ab und an ein Sonnenstrahl blinzelnd, plötzlich eintretender Regen und daraufhin aufploppende Regenbögen. Dann wieder Wolken.

Ein weiterer Vorteil einer Wanderung im Oktober war, dass diese absolut Midges-frei geschah. Zwei dieser kleinen Biester habe ich gesehen, bzw. gespürt. Ja, zwei. Da können andere nur von träumen. Von Wanderern, die im späten Frühling oder Sommer den WHW gingen, hört man da nämlich ganz andere Geschichten.

In Schottland muss man generell zu jeder Zeit auf jedes Wetter vorbereitet sein. Der Mai soll recht niederschlagsarm sein und ebenfalls noch Midges-frei. Es ist nicht zu warm und nicht zu kalt – klingt also auch nach einem guten Wandermonat.

Übrigens könnte ich mir auch vorstellen, dass der West Highland Way im Winter, bei Schnee auch sehr reizvoll ist. Allerdings wären Schneeschuhe und Spikes dann unverzichtbar. Achtung: In einigen Gebieten könnte zudem Lawinengefahr bestehen – eine sorgfältige Planung ist dann also unerlässlich!

Herbstfarben Schottlands

Wie lange braucht man?

Ich bin neun Tage auf dem West Highland Way gewandert,

– zuzüglich der Tageswanderung nach Glen Coe und

– zuzüglich Tag 11, an dem ich die letzten fünf Kilometer von Glen Nevis nach Fort William gegangen bin. Also 11 Tage insgesamt.

Ich weiß, dass manche den Trail in vier Tagen mit je 50 Kilometern laufen. Persönlich frag ich mich dann immer, ob man überhaupt was von der Landschaft mitbekommt. Aber gut, ich sitze auch mal gerne irgendwo in der Natur ‚rum und mache Fotos, esse meine Snacks, quatsch mich irgendwo fest und trödel durch die Gegend. Dafür wurde ich tatsächlich hin und wieder schon beneidet; manchmal auch belächelt. Zudem hatte ich keinen Gepäckservice (den so gut wie alle in Anspruch genommen haben, die nicht mit dem Zelt unterwegs waren), sondern hab mein Zeug selbst getragen, und das dauert nun mal. ;-) Aber jedem wie er mag, wirklich. Ich möchte nur aufzeigen, was alles denkbar ist.

Etappen

Die meisten Wanderer laufen den WHW in sieben oder acht Tagen.
Viele, die ich getroffenen habe, hatten dabei folgende Etappeneinteilung:

Milngavie – Drymen
Drymen – Rowardennan
Rowardennan – Inveranan
*
Inveranan – Tyndrum
Tyndrum – Kingshouse
**
Kingshouse – Kinlochleven
Kinlochleven – Fort William

* diese Strecke unterteilen einige auch in
Rowardennan – Inversnaid
Inversnaid – Inveranan

** hier bauen einige noch einen Stopp in Bridge Of Orchy oder Inveroran ein.

Also:
Tyndrum – Bridge Of Orchy oder Inveroran
Bridge Of Orchy bzw. Inveroran – Kingshouse

Alles klar?! :-b Wenn ihr dazu eine Map öffnet, wird es einleuchtender.

Unterkünfte (Hostels und b&B)

Nachdem ich nur fünf Wochen vor Abreise eine wettergöttliche Eingebung, und daher beschlossen hatte, das Zelt zu Hause zu lassen (HIMMEL SEI DANK!), habe ich noch schnell einige Unterkünfte im Voraus gebucht. Das war so kurzfristig teilweise ganz schön tüftelig. In manchen Orten sind die Unterkunftsmöglichkeiten und somit die Anzahl der Betten sehr begrenzt, in manchen Orten ziemlich teuer, und in anderen Orten fand ich letztendlich gar nichts mehr. Auch daraus resultierte meine Etappeneinteilung, die mal gut, mal weniger gut war. (Die Etappe Tyndrum bis Bridge of Orchy z.Bsp. ist sehr kurz, zu kurz. Bridge Of Orchy bis Kingshouse schien angesichts eisigen Regens und Sturms unendlich.)

Für eine entspannte Planung und Etappeneinteilung nach Wunsch, würde ich empfehlen B&B und Hotelzimmer vier bis sechs Monate im Voraus zu reservieren. Ein Bett im Mehrbettzimmer im Hostel geht auch kurzfristiger, ist allerdings auch nicht immer Verlass drauf. Hostels mit nur ein oder zwei Tagen Vorlauf zu buchen, würde ich nur Offseason machen und/oder wenn ich ein Zelt dabei habe, in das ich zur Not ausweichen kann. Ich geh bei so etwas aber auch gerne auf Nummer sicher, um nachher nicht in einem Bushäuschen mit fünf Grad Raumtemperatur übernachten zu müssen.

Ich weiß, das leidige Thema der Flexibilität und Freiheit, die einem genommen wird, sobald man Reservierungen und Vorabbuchungen tätigt. Aber so ist es halt auf manchen Trails. Der WHW ist nun mal beliebt und gern begangen.

Unterkünfte entlang des West Highland Ways

Wildcampen

Dieses Jedermannsrecht ist schon echt eine ziemlich tolle Sache, wenn man bedenkt, dass Wildzelten/-campen in Deutschland verboten ist.

Wer sich fragt, ob man problemlos geeignete Spots für sein Zelt findet: Ja, definitiv! Ich habe so viele tolle Plätzchen gesehen, auf denen »Vormieter« auch bereits schon alles hergerichtet haben, kleine Sitzbank, schön flach und ebenerdig, windgeschützt, bereit gelegte Steine um das Zelt zu fixieren, vielleicht auch eine kleine Feuerstelle.

Achtung: Offenes Feuer ist nicht ganzjährig erlaubt! Und das Zelten entlang des Loch Lomonds auch nur an ausgewiesenen Stellen!

Die Schwierigkeit, wie ich dann von einigen hörte, die eigentlich zelten wollten, war eher, einen Platz zu finden, der nicht ganz so überflutet war.

Navigation Wo geht's lang?

Der West Highland Way ist sehr gut ausgeschildert. Ein-zwei Mal habe ich meine GPS-fähige App befragen müssen oder um nachmittags meine Unterkunft zu finden. Manche empfehlen Kompass und Karte mitzunehmen – und hier gebe ich natürlich nur meine Meinung wieder: Ich persönlich hätte beides kein einziges Mal gebraucht. Jedenfalls nicht auf dem West Highland Way.

Übrigens bereite ich mich aber auch immer ein bisschen mit diversen Wanderführern vor.

Wegweiser

Verpflegung auf dem Trail Snacks

Wie immer, hab ich meine typischen drei Kilo Snacks für die vollen 11 Tage durch die Gegend geschleppt. Ist auf dem West Highland Way aber ziemlich unnötig.

Vor allem in Milngave, Drymen, Crianlarich, Tyndrum und Kinlochleven gibt es Supermärkte oder größere Dorfläden in denen man Nachschub kaufen kann. Auch passiert man auf dem Weg so einige Pubs in denen man eine warme Mahlzeit bekommt.

Campingplätze und Hostels verkaufen Snacks, B&B und Hotels bereiten sogar auf Wunsch Lunchpakete zu. Ab und an kommt man mal an einer Honesty Box und Trail Magic vorbei.

Hauptspeise, zweite Hauptspeise, Nachtisch, Snack

Trinkwasser

Wasser hatte ich immer 1,5 bis 2 Liter bei mir und bin prima ausgekommen. Ich hatte keinen Moment Angst irgendwo auf halber Strecke zu verdursten, habe aber auch immer morgens meine Flaschen(n) im Hostel oder B&B auffüllen können. Das Leitungswasser in Schottland ist sehr genießbar und bedenkenlos trinkbar. Man kann auch unterwegs auffüllen, in Pubs oder Hotels, oder an dort außen angebrachten Wasserhähnen.
Hätttttte ich entlang des West Highland Ways gezeltet, hätte ich aber auf jeden Fall einen kleinen Wasserfilter mitgenommen um flexibler bei meiner Versorgung zu sein. Theoretisch kann man in Schottland zwar aus jedem Bach trinken, aber da man nie weiß, ob weiter bachaufwärts eventuell ein verendetes Schaf liegt, würde ich Wasser vorsichtshalber filtern oder abkochen.

Mein liebstes IT-Piece auf dem West Highland Way

Waren auf dieser Wanderung ganz klar meine Trekkingstöcke. Sie sind vielseitig einsetzbar. Vor allem sind sie praktisch um Überschwemmungen auf ihre Tiefe zu checken, Matsch und nasses Gras auf seine Beständigkeit, steinige Pfade auf Rutschfestigkeit, Balance zu halten beim Überqueren minimalistischer Brücken. Ganz nebenbei entlasten sie auch die Gelenke.

Als ich dann endlich eine Regenhose hatte, hab ich auch die sehr geliebt.

Sticks!

Massage?!

Ja, ist möglich.

Trail-Massage

Das liebe Geld...

Natürlich kann man auf so einer Wandertour sehr Low Budget unterwegs sein. Wenn ich aber erst mal den Duft von Pommes in der Nase habe, hält mich nichts mehr. Also hab ich mir in Schottland auch ab und an abends im Pub den Magen vollgeschlagen oder mir im nächsten Kiosk meine Lieblingsschokolade gegönnt. Generell versuche ich aber immer ein gutes Mittelmaß zu finden aus Selbstversorgung, Essengehen, Sparen und warmer Unterkunft.

     Ausgaben

  • Bettchen im Mehrbettzimmer im Hostel: Circa 30 Euro/Nacht (ohne Frühstück)
  • Zimmer zur Einzelnutzung im B&B: Zwischen 45 und 75 Euro/Nacht (inkl. Frühstück)
  • Nacht im Glampingpod: 70 Euro (ohne Frühstück) – finde ich Wucher. Vielleicht findet ihr aber jemanden, der den Pod mit euch teilen mag.
  • Eine Nacht musste ich im Hotel verbringen, in denen Alleinreisen ja häufig durch hohe Preise gestraft wird: 95 Euro/Nacht inkl. Frühstück (dafür war’s aber schön)
  • Essen ist schon etwas teurer als beispielsweise in Berlin: Für ein warmes Abendessen, mit einem Cidre zahlt man etwa 22-30 Euro. Mit Nachtisch noch mal ein bisschen mehr. Mit einem zweiten Cidre auch. ;-)
  • Zugfahrt von Glasgow nach Milngavie: 5 Euro
  • Busfahrt Fort William bis Glasgow Airport: 32 Euro
  • Snacks zwischendurch: Circa 40 Euro/Woche
  • Regenhose: 25 Euro

Ist der West Highland Way einsam?

Die Wahrheit ist: Wer Ruhe sucht, ist auf dem West Highland Way klar falsch, das muss man wirklich mal sagen. Selbst im Oktober waren noch viele andere Wanderer unterwegs.

Bei mir ist es so, dass ich immer als Erste losgehe, aber dann als Letzte ankomme. Als mich also alle anderen überholt hatten, war ich dann meist auch alleine.

Was mich etwas störte, dass man bis auf wenige Tage immer die nah gelegenen (Schnell)straßen hört. Ich hätte gedacht, dass der West Highland Way etwas wilder ist. Klar, der WHW ist bekannt und beliebt, man könnte schon drauf kommen, dass die Pfade recht abgelatscht sind und auch ein Blick auf die Karte könnte im Vorfeld Abhilfe verschaffen.

Ich Schlaubi habe aber auch schon früh erkannt, dass jede Reise und jede Wanderung, ihr eigenes »Herzstück« hat. Wenn man offen bleibt für alles was da kommt, wird es gut. Wenn ich also heute an den West Highland Way zurückdenke, denke ich an die Abenteuer, die das Wetter so mit sich brachte und an die vielen, dadurch entstandenen, schönen, lustigen, spannenden und inspirierenden Begegnungen auf dem Trail. Wandermenschen sind meiner Meinung nach grundsätzlich immer gute Menschen. Ich liebe es so sehr, dass man unterwegs wie selbstverständlich ins Gespräch kommt, nicht wie mit Fremden, sondern mit Freunden, herzlich, ehrlich interessiert, offen und hilfsbereit. Wen interessiert da schon noch die im Hintergrund rauschende Schnellstraße…

Wer Ruhe und Einsamkeit sucht, sollte aber klar einen anderen Weitwanderweg wählen. Wer ab und an (eher täglich) Gesellschaft mag, der wird es lieben.

Trail-Traffic

Abreise

Von Fort William bin ich dann mit dem Bus zurück nach Glasgow Airport gefahren. Citylink bietet Direktverbindungen an. Wegen eines Zugstreiks an diesem Tag bin ich auf Nummer Sicher gegangen und habe das Ticket schon im Vorfeld online gebucht. 32 Euro hab ich bezahlt. Der Bus fährt ab dem Busbahnhof im Mac Farlane Way und braucht etwa 2,5 bis 3 Stunden bis zum Glasgow Airport. Auf dem Rückweg passiert man noch mal einige Punkte des West Highland Ways, wie eine Mini-Zeitreise.

Fazit

Der West Highland Way ist ein viel und gerne begangener Weitwanderweg. Wenn man bereit ist, einige Kompromisse einzugehen, wird man reich belohnt werden, denn die Landschaft ist der Wahnsinn! Einige Abschnitte würde ich wohl auch noch mal wandern, zum Beispiel den durch Rannoch Moor und Devil‘s Staircase.

... How to survive West Highland Way

Überleg bloß nicht, ob die Regenhose wirklich nötig ist. Ist sie!
Überleg bitte nicht, ob der Regenponcho nötig ist, wenn man doch schon die Regenhose dabei hat. Ist er!
Die Regenjacke muss auch mit.
Und wenn du einen Regenkilt findest, schreib mir bitte!

Hast du noch weitere Fragen oder Tipps zum West Highland Way? Schreib es gerne unten in die Kommentare!

Mehr Schottland gefällig?!

Hier gebe ich einige Einblicke in mein West Highland-Trailtagebuch, erzähle über Etappen, Snacks und Liquid Sunshine:

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